Weingeschichte Teil II - ab 1900



1900 bis 1918 – Vorabend des Ersten Weltkrieges

Bis 1918 wuchs Deutschland durch Erfindergeist und Ingenieurwissen zur damals mächtigsten Industrienation und Seemacht heran, Kaiser Wilhelm II. war der Wissenschaft aufgeschlossen.
Nach dem Attentat einer bosnischen Untergrundorganisation auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand im Juni 2014 in Sarajevo erklärte Österreich-Ungarn den Serben den Krieg, die Deutschen sagten Unterstützung zu. Die Serben wurden durch die Russisch- Französische Allianz unterstützt. Es folgte letztendlich der Erste Weltkrieg mit 70 Millionen Soldaten aus 40 beteiligten Ländern.
Nach dem Waffenstillstand 1918 zerfielen das osmanische Reich, Österreich-Ungarn, das Zarentum in Russland und in Deutschland das Kaiserreich.

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1900 bis 1918 – Vorabend des ersten Weltkrieges

Zwischen 1900 und 1918 wuchs Deutschland durch Erfindergeist und Ingenieurwesen zur damals mächtigsten Industrienation und auch mächtigsten Seemacht der Welt heran. Kaiser Wilhelm II. war der Wissenschaft gegenüber aufgeschlossen. Er unterstützte die Berliner Charité, insbesondere Robert Koch beim Kampf gegen Tuberkulose und Emil von Behring bei der Entwicklung der Diphterie-Impfung.

Nach dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo durch eine bosnische Untergrundorganisation erklärte Österreich-Ungarn den Serben den Krieg, wobei die Deutschen, Kaiser Wilhelm der II. und Reichskanzler Hollweg die bedingungslose Unterstützung zusagten. Serbien erhielt russische Unterstützung und durch die Russisch-Französische Allianz auch von Frankreich.
Aus dem Lokalkrieg erwuchs innerhalb weniger Tage nach der deutschen Kriegserklärung an Russland und Frankreich ein Kontinentalkrieg und folgend ein Weltkrieg mit 70 Millionen Menschen aus 40 beteiligten Ländern.

Nach dem Waffenstillstand 1918 zerfiel das osmanische Reich, Österreich-Ungarn. In Russland ging das Zarentum und in Deutschland das Kaiserreich unter. In Italien standen dem Faschismus die Tore offen, in Deutschland war nach den Verträgen von Versailles der Nährboden für den Nationalsozialismus gelegt.

In Amerika wurde um 1900 vermehrt Rebsortenwein hergestellt, das heißt Wein aus nur einer Traubensorte gekeltert. Auch in Mitteleuropa verbesserte sich die Weinqualität. Die erste deutsche Weinbauschule existierte ab 1868 in Weinsberg/Heilbronn. Hauptinitiator war Immanuel Dornfeld. 1907 entstand die erste deutsche Rebzuchtanstalt in Offenau/Würtemberg.

Auf Initiative des Trierer Oberbürgermeisters Albert von Bruchhausen entstand 1908 der Deutsche Ring, der die Versteigerungsringe bedeutender Weingüter an Mosel, Saar und Ruwer vereinigte. 1910 schlossen sich vier Regionalvereine der „Naturweinversteigerer“ zum Verband Deutscher Naturweinversteigerer (VDNV) zusammen.

In Deutschland wurden die Innovationen durch eine gute Zusammenarbeit zwischen Weinbauwissenschaft und Winzern rasch umgesetzt. Es entstanden neue Rebsorten, so Dornfelder und Kerner. Nur für kurze Zeit stabilisierten sich die Absatzmärkte in den 30er Jahren, eine Reichsweinsteuer war 1926 aufgehoben worden.

In Österreich wurde 1860 die Klosterneuburger Obst- und Weinschule gegründet, die maßgeblich den 3. Österreichischen Weinbaukongress in Bozen mitorganisierte. 1907 wurden deren Anregungen im österreichischen Weingesetz aufgenommen: zum Beispiel das Verbot von Kunstwein und Kontrollen mit Kellerinspektionen. Nach dem ersten Weltkrieg brach 1918 Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn auseinander. Aus der Habsburger Monarchie wurde 1918 die Republik Deutsch-Österreich. Die Weinanbaufläche in Österreich reduzierte sich bis 1935 auf unter 30.000 Hektar. Der Österreichische Weinbauverband führte seit 1920 den Namen „Hauptverband der Weinbautreibenden Österreichs“, der Verband wurde nach der Anbindung Österreichs an Deutschland 1938 gelöscht.

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1918 Vorabend des zweiten Weltkrieges


Von 1918 bis 1933 bestand in Deutschland erstmals eine parlamentarische Demokratie, die Weimarer Republik, mit Friedrich Ebert als ersten gewählten deutschen Reichspräsidenten. In den Krisenjahren von 1919 bis 1923 kam es zu einer Inflation, die faktisch einer Enteignung gleichkam.
Die deutsche Bevölkerung hatte wirtschaftlich und psychologisch schwer unter den nach dem ersten Weltkrieg im Versailler Vertrag auferlegten Reparationen zu leiden, während in den USA die goldenen Zwanziger zu einem neuen wirtschaftlichen Gewicht führten.

Nach preislichen Höhenflügen für deutsche Spitzenweine bis 1919 kam es in den folgenden Jahren zu einem Einbruch des Weinkonsums durch Geldentwertung, Reparationszahlungen, Prohibition in den USA und durch Sanktionen der Besatzungsmächte. In den Weinbaugebieten Pfalz, Mosel und Rheingau wurden mehrere Bürger ausgewiesen, so auch der Trierer Oberbürgermeister und VDNV-Gründer von Bruchhausen.

1925 fand die erste „Reichsaustellung Deutscher Wein“ statt. Das Werbeplakat zeigte den Reichsadler mit Trauben als Brustschild. Nach dem Tod von Friedrich Ebert 1925 wurde der konservative Paul von Hindenburg Reichskanzler. Es folgte eine kurze Phase der wirtschaftlichen Stabilisierung in Deutschland, unter anderem durch amerikanische Kredite. Aber vor dem Wall-Street-Crash zogen die USA den Investoren ihre Kredite aus Europa ab, um das Geld in den lukrativeren und boomenden Aktienhandel anzulegen. Nach dem Börsencrash, dem berühmten Schwarzen Freitag an der New Yorker Börse am 24.10.1929, entstand weltweit eine enorme Wirtschaftsdepression, die Weltwirtschaftskrise. Deflation und Geldknappheit führten zu Bankenpleiten, gefolgt von der Zahlungsunfähigkeit vieler Unternehmen und massenhafter Arbeitslosigkeit.

Im Mai 1931 meldete die größte österreichische Bank „Creditanstalt“ hohe Verluste. In Deutschland erfolgte nach dem Zusammenbruch der Danat-Bank eine die Wirtschaftstätigkeit limitierende Notverordnung. Statt, wie 80 Jahre später, im Jahr 2010, die Geldmenge zu erhöhen, verringerte die US-Amerikanische Notenbank FED die Geldmenge. Infolge dessen wurden etwa 30 Prozent der amerikanischen Banken liquidiert. Die weltweite Stahlproduktion reduzierte sich um 80 Prozent, die Arbeitslosigkeit stieg in den Industrieländern auf 25 Prozent.

Bereits 1925 bis 1931 bestand im Weinbau Absatznot, der sich dann im Sog der Wirtschaftskrise noch verstärkte.

Im Jahr 1932 verdoppelte die NSDAP mit einem Programm zur Arbeitsbeschaffung und Kreditausweitung ihre Stimmanteile auf 37 Prozent. In Folge kam es hauptsächlich durch Beschäftigung in der Rüstungsindustrie zur Vollbeschäftigung in Deutschland.

1930 wurde das deutsche Weingesetz von 1909 so reformiert, dass eine Beigabe von Alkohol und Zucker sowie die Zugabe von ausländischen Weinen, auch der Verschnitt von Rot- mit Weißweinen, untersagt wurde. In diesem Jahr schlossen sich die landwirtschaftlichen Genossenschaften zum Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften-Raiffeisen e.V. zusammen. Die Winzer litten unter dem Niedergang der deutschen Wirtschaft. Aus den Nachbarländern wurden vermehrt günstigere Weine importiert.

Die Rentabilität der deutschen Weingüter lag danieder. Auf der Trierer Herbstversteigerung 1932 konnten die Erlöse die Erzeugerkosten nicht decken.

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1918 bis 1945 – Nazis und der Wein 

Nach den preislichen Höhenflügen für deutsche Weine vor dem Krieg kam es in Deutschland und Österreich zu rückläufiger Weinproduktion. Von 1919 bis 1923 führten die im Versailler Vertrag auferlegten Reparationszahlungen zu einer Inflation. In den USA war der Absatz durch die Prohibition vermindert.
Nach 1925 erfolgte nur eine kurze Erholung der Märkte durch amerikanische Kredite, die dann zur Anlage in die steigenden Aktien wieder abgezogen wurden.
Nach dem Börsencrash an der New Yorker Börse, dem berühmten
Schwarzen Freitag am 24.10.1929, kam es nach Verringerung der Geldmenge durch die US-Notenbank zur Weltwirtschaftskrise mit massenhafter Arbeitslosigkeit weltweit.
Auch im
Weinbau bestand Absatznot.
1932 konnten die Weinpreise die Erzeugerpreise nicht decken.
1933 kam Adolf
Hitler an die Macht, die Nazis begannen, den Weinbau von Juden zu „säubern“, indem sie diese meist widerstandslos aus ihren Ämtern in den Weinbauorganisationen verdrängten.
Die Nazis wollten Wein zum Volksgetränk machen und nutzten Weinfeste zur Verkündung ihrer Ideologie. Im Krieg wurden etwa Jährlich 300.000 Millionen Flaschen Champagner aus dem besetztem Frankreich nach  Deutschland gebracht, durch eine List der französischen Resistance oft falsch deklarierter minderwertiger Schaumwein.
Die deutsche Weinproduktion fiel von 3,3 Millionen Hektoliter Jahresproduktion 1936 auf 1,0 Hektoliter ihm Jahr 1943.

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1933 – Nazis und der Wein


Am 30.1.1933 kam Adolf Hitler an die Macht. Die Nationalsozialisten begannen auch den deutschen Weinbau von Juden zu „säubern“. Die Juden wurden meist widerstandslos zunächst aus ihren Ämtern der Weinbaustandesorganisationen verdrängt. Der Vorsitzende des VDNV, Albert von Bruchhausen, wurde durch den Kreisbauernführer Jakob Werner, der ein NSDAP-Mitglied war, ersetzt.

Da über 60 Prozent des deutschen Weinhandels von Juden abgewickelt wurde, konnten diese – um die Stabilität weiterhin zu gewährleisten – nur langsam aus diesen Markt verdrängt werden. Der Weinhändler Siegmund Loeb aus Trier emigrierte 1938 nach London. Im selben Jahr noch erfolgte das Verbot mit jüdischen Weinhändlern zu handeln.

In den 12 Jahren der NS-Diktatur deklarierten die Nazis Wein zum Volksgetränk und wollten unabhängig von Weinimporten werden. Sie nutzten Weinfeste zur Verkündung ihrer Ideologie und förderten den Anbau reblausresistenter Trauben. In den Weinbergen wurden u. a. sowjetische, belgische und französische Zivilisten und Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter eingesetzt.
Arbeitsschutz und ärztliche Versorgung spielten keine Rolle. Sicherlich ist die Nazifizierung aller gesellschaftlichen Schichten und Produktionsstätten nicht an den Winzern vorbeigegangen, unter denen sich,wie bei anderen Deutschen Mittäter des Nationalsozialismus fanden.

Bei der Besetzung Frankreichs plünderten die Deutschen mit Sachkunde durch deutsche Händler französische Champagner- und Weinvorräte.

Der deutsche Luftwaffenchef Hermann Göring meinte, man könne die Franzosen nur besiegen, wenn man ihnen Wein und gutes Essen nehme, das Geheimnis ihrer Gewitztheit und Fröhlichkeit. Etwa 300 Millionen Flaschen Champagner wurden dann jährlich nach Deutschland geschafft, ein Teil Cuvées mit falscher Etikettierung. Eine halbe Millionen Flaschen waren allein im Berchtesgadener Sommerwohnsitz Hitlers, der selbst Abstinenzler war, bei Kriegsende gefunden worden.

Die französischen Sommeliers und Winzer lenkten mit List dagegen. Reservierungen für die Wehrmacht wurden falsch etikettiert, die guten Tropfen verschwanden Wagonweise in Frankreich. Champagner und andere Weine wurden in kilometerlange Kalksteingänge eingemauert. Die französischen Winzer unterstützten die Résistance, eine Organisation, die die verschiedenen französischen Widerstandsbewegungen gegen die Nazis im Untergrund formierte. Zu einem Arm gehörte die gaullistische Armee ‚Secrète‘.

Das Deutsche Weintor in Schweigen-Rechenbach, dem südlichen Beginn der – unter den Nationalsozialisten 1936 ausgerufenen – Deutschen Weinstraße, sollte die Franzosen provozieren. Es war während der NS-Zeit mit riesigen Hakenkreuzfahnen bestückt. Der Entwurf der Landauer Architekten Peter und Mittel sah ursprünglich eine weinlaubartige Konstruktion vor.
Doch Gauleiter Bürkel griff in die Gestaltung ein, und am Ende einigte man sich auf den einer Trutzburg nachempfundenen neoklassizistischen Bau. Aus dem vier Meter hohem Relief des Reichsadlers wurde nach dem Krieg von den Amerikanern aus dessen Fängen das Hakenkreuz herausgemeißelt.

Die Deutsche Weinstraße sollte den Weinkonsum durch Einheimische stabilisieren und fördern, nachdem die Weinpreise nach einer guten Ernte im Jahr 1934, vor allem aber wegen des rückläufigen Handels- und Exportgeschäftes nach Schließung vieler jüdischer Weinhandlungen, eingebrochen waren.

1939 fand noch einmal ein internationaler Weinbaukongress in Bad Kreuznach statt. Die nationale und internationale Presse erwähnte die Leistungen der deutschen Weinforschung, aber nicht das Schicksal der Juden. Der Reichsbauernführer Walther Darré rief die Kongressteilnehmer auf, sich für die Verständigung friedliebender Völker einzusetzen. Eine Woche später begann mit dem Überfall auf Polen der zweite Weltkrieg. Die meisten internationalen Teilnehmer des Weinkongresses wurden nach Hause berufen. Großbritannien, Australien und Neuseeland erklärten Deutschland den Krieg.  Die Deutsche Weinproduktion fiel von 3,3 Mio. Hektoliter im Jahr 1936 auf 1,0 Mio. Hektoliter im Jahr 1943.

Die Dr.-Wagner-Rebe/Scheurebe wurde 1916 von Georg Scheu aus Silvaner und Riesling gezüchtet. Diese Sorte „Sämling 88“ wurde unter den Nationalsozialisten nach dem Reichsbauernführer Dr. Richard Wagner benannt. Nach dem zweiten Weltkrieg nannte man sie wieder Sämling 88 oder S 88, die Sorte wurde sozusagen entnazifiziert.

Beim Zweigelt war das anders. Die von Dr. Fritz Zweigelt durchgeführte die Kreuzung zwischen Sankt Laurent und Lemberger wurde von ihm Rotburger getauft, 1972 aber nach ihm selbst benannt. Zweigelt war Nationalsozialist und lehrte in der Weinlehranstalt am Klosterneuburg. Dort lieferte er Schüler an die Gestapo aus. Nach dem Krieg wurde ihm die Dozentenstelle entzogen.

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1945 bis 2000

Nach Kriegsende wurde Deutschland von den Alliierten in vier Besatzungszonen aufgeteilt, im Osten in die Sowjetische. Amerikanische CARE-Pakete linderten die Not im westlichen Teil.
1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet, die CDU/CSU gewann die erste Wahl, Konrad Adenauer war bis 1963 der erste Bundekanzler der BRD. Im Osten wurde 1949 die DDR in der sowjetischen Besatzungszone gegründet,  mit eingeschränkter Souveränität und der Zwangsfusion der CDU und SPD zur Einheitspartei SED.
Im Westen wurde die EWG gegründet mit einheitlichem Außenzoll, der Beitritt Englands wurde von Frankreich zunächst abgelehnt.
Der Weinbau in Deutschland nahm bis 1980 nur wenig Fahrt auf, trotz teilweise aus Steuergeldern finanzierter Weinwerbung. Die Weinqualität war oft schlecht, in den Most durfte bis zu 15 Prozent Zuckerwasser verrührt werden, Moste durften mit anderen Weinen verschnitten werden.
Von 100 deutschen Weinen zeigten nur zehn einen merklichen Geschmacksunterschied, Sammellagenweine wie „Bernkasteller Doktor“ und „Oppenheimer Krötenbrunnen“ durften aus der Umgebung kommen.


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1945 bis 1960 – Europas Erwachen

De Gaulle war nach dem Krieg zunächst kurz von 1945 bis 1946 Ministerpräsident der provisorischen französischen Regierung. Erst 1958, nach dem Algerienkrieg, löste er die umstrittene französische Regierung ab, das Parlament beauftragte ihn mit der Gründung einer neuen Regierung und Verfassung. Im Verlauf wurde Algerien von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassen. De Gaulle war Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).
Er lehnte zweimal mit seinem Vetorecht die Aufnahme von Großbritannien in die EWG ab.

Konrad Adenauer wurde von de Gaulle im September 1958 in dessen privates Landhaus nach Colombey-les-Deux-Églises eingeladen. Beide Staatsmänner hatten direkt eine herzliche Beziehung zueinander, 1962 erfolgten gegenseitige Staatsbesuche mit begeisterter Bevölkerung. Die neue Freundschaft wurde mit einem Freundschaftsvertrag besiegelt, als Grundlage für den europäischen Frieden.
Die Tradition hat bis heute mit den Politikerpaaren Schmidt/Giscard D‘Estaing, Kohl/Mitterrand und Merkel/Sarkozy bzw. Hollande und Macron überlebt.

Die deutschen regionalen Weinbauverbände durften unmittelbar nach Kriegsende wieder tätig werden. Aus der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Weinbauverbände entstand 1950 in Mainz der Deutsche Weinbauverband. Erster Präsident war Richard Graf Matuschka Greiffenclau.
Nach Kriegsende wurde Deutschland von den Alliierten in vier Besatzungszonen aufgeteilt: die Britische im Norden, die Amerikanische im Süden, die Französische im Südwesten und im Osten die Sowjetische. Konrad Adenauer wurde 1946 Vorsitzender der CDU und Kurt Schumacher Vorsitzender der SPD. Amerikanische CARE-Pakete linderten die Not im westlichen Teil Deutschlands. Nach der Einführung der Deutschen Mark und Krediten aus USA im Rahmen des Marshallplans kam die Wirtschaft im Westdeutschland wieder in Gang. Am 23. Mai 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Die CDU/CSU gewann die erste Wahl und die Ära Adenauer dauerte bis 1963.

In der sowjetischen Besatzungszone wurde am 7. Oktober 1949 die DDR gegründet, mit eingeschränkter Souveränität und einer Zwangsfusion von CDU und SPD zur Einheitspartei SED. Viele Betriebe wurden komplett deinstalliert und in die Sowjetunion abtransportiert, so auch das zweite Gleis der Bahnlinien und deren Elektrifizierung. Erst nach Stalins Tod im Jahr 1953 wurden die zu leistenden Reparationen reduziert, und die Versorgungslage verbesserte sich langsam. Die Planwirtschaft und der politisch angestrebte Sozialismus führten zu einer einigermaßen ähnlichen Verteilung von bestimmten Privilegien: so hatten viele Betriebe eigene Kontingente in Ferienanlagen, die sowohl dem Ingenieur als auch dem Fließbandarbeiter zustanden.

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Die 60er und 70er Jahre – Gründung der EWG, Geburt der Europäischen Union

1957 wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) von Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande, Luxemburg und der Bundesrepublik Deutschland gegründet, mit einheitlichem Außenzoll ab 1968. Der Beitritt Englands wurde von Frankreich zunächst abgelehnt, so dass das Vereinigte Königreich erst nach seinem zweiten Antrag 1973 beitreten konnte.

Italien war seit 1957 Mitglied, Dänemark seit 1973, Griechenland seit 1981, Portugal und Spanien seit 1986. Im Vertrag von Maastricht ging die EWG 1992 in die Europäische Union (EU) über. Weitere Staaten wie Österreich, Schweden und Finnland traten 1995 der EU bei. Von den 28 EU-Staaten bildeten 19 Staaten 2016 eine Wirtschafts- und Währungsunion, für die 2002 der EURO eingeführt worden war.

Der Weinanbau nahm in den 70er und 80er Jahren nur langsam wieder Fahrt auf. Trotz einer teilweise von Steuergeldern finanzierten Weinwerbung und Subventionen seitens der EWG lag der pro Kopf Konsum der Westdeutschen 1960 bei etwa 10 Litern Wein pro Jahr. Bei den Franzosen lag er in diesem Zeitraum bei 134, die Italiener verbrauchten 133 und die Spanier 49 Liter Wein pro Kopf und Jahr. Bis 2000 verdoppelte sich der pro-Kopf-Weinkonsum in der gesamten Bundesrepublik Deutschland auf über 20 Liter, in Italien und Frankreich kam es dagegen zu einem rückläufigen Verbrauch.

Auch in Österreich bestand in den 50er Jahren eine Weinabsatzkrise, der man mit Werbemaßnahmen für höheren Weinkonsum entgegenwirken wollte sowie mit Forderungen, die Getränkesteuer zu vermindern.

Auch der 1959 – wegen seiner Güte – in Westdeutschland als Jahrhundertwein bezeichnete Jahrgang lag in den folgenden Jahren noch millionenfach auf Lager, trotz Werbefilmen in deutschen Kinos.

Der Antrag von Weinbauminister Stübinger, den Bundeswehrsoldaten täglich ein Viertel Wein auszuschenken, wurde von Verteidigungsminister Strauß strikt abgelehnt.

Es wurden aber auch vielfach mindere Wein-Qualitäten unter opulenten Namen und überteuert den Verbrauchern angeboten. 1958 hob das Bundesverfassungsgericht die einst vom Reichsnährstand diktierten Anbaubeschränkungen auf ungeeignetem Terrain auf. Der Vizepräsident des septischen Weinbauverbands Bürklin beklagte den Massenanbau mit weniger wertvollen Traubensorten auf ungeeigneten Böden.

Gesetzeskonform war das Zumischen von Leitungswasser, vermischt mit Rübenzucker, das Zugeben von Most aus anderen Anbaugebieten sowie das Zusammenmixen verschiedener Jahrgänge.

Lagenamen und Sammellagenweine waren nur von Weinkennern zu erkennen. Es gab im Etikettensortiment etwa 30.000 Lagennamen wie „Bernkasteler Doktor“ oder „Deidesheimer Herrgottsacker“, 500 Sammellagenamen wie „Niersteiner Domtal“ oder „Oppenheimer Krötenbrunnen“, alles Weine, die auch aus der Umgebung kommen durften.

Von 100 verschiedenen deutschen Weinen zeigten nur etwa 10 einen merklichen Geschmacksunterschied.

Die Weinbau-Kommission der EWG hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein Klassifizierungssystem entworfen.

Die 70er und die 80er waren ein dunkles Kapitel der deutschen Weinqualität. 1970 billigten die EWG-Agrarminister eine Marktordnung für Tafel- und Qualitätsweine, die aber zu einer weiteren Mengenzunahme führte. 

Weinimporte aus Drittländern wurden durch Zölle teurer, die EWG-Lagerbestände sollten auf Kosten der Gemeinschaft bis zum Verkauf lagern. Die Deutschen setzten ihren Wunsch durch, dass in sauren Most bis zu 15 Prozent Zuckerwasser verrührt werden durfte. Saure Mosel-Moste durften sogar mit italienischen Weinen verschnitten werden.

In den 70er Jahren entstand in Deutschland eine Weinliteratur, die sich vorwiegend mit Frankreich beschäftige, Ende der 70er waren es dann Österreich, die Schweiz und Italien, erst nach dem neuen EWG-Gesetz von 1971 kamen auch deutsche Weinlagen hinzu. In den 80er Jahren waren Ersterscheinungen der Weinliteratur oft Übersetzungen ausländischer Weinliteratur.

1971 wurde in der EWG die sensorische und analytische Prüfung für Qualitätsweine eingeführt. Es mussten von da an die Herkunft, die Lage, der Jahrgang und die Qualität des Weines angegeben werden.

Die Qualitätsangabe des Weins wurde in einem Fünf-Punkte-Schema vorgenommen, wobei 1,5 Punkte erreicht werden mussten. Zudem wurden amtliche Prüfnummern vergeben: Die erste Ziffer kennzeichnet die Prüfstelle, die nächsten drei Zahlen die Gemeinde des Abfüllenden, danach dessen Betriebsnummer und die letzten beiden Ziffern kennzeichnen das Abfülljahr.

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DDR und Wein

In der DDR wurden viele Menschen vom Weinversand Gothe beliefert, jährlich 700 Wagons à 10.000 Flaschen sollen es gewesen sein. Die Weine aus dem Saale-Unstrut-Gebiet fand man nicht in den Läden der Handelsorganisation (HO), sondern nur in Delikat-Läden sowie im Intershop, wo mit westdeutscher Währung bezahlt werden musste. Importtauben aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn wurden in Zügen mit ungekühlten Tankwagen in oft schon mitgenommenem Zustand angeliefert und verarbeitet.
Der Rotkäppchen-Sekt aus Freyburg deckte 60 Prozent des DDR-Bedarfs an Schaumwein.
Bereits am ersten Januar wusste der VEB-Kellermeister, wieviele Flaschen bis zum 31. Dezember zu verkaufen waren.


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DDR – Wein für jeden

In der DDR wurden viele Menschen vom Weinversand Gothe beliefert. Jährlich 700 Wagons à 10.000 Flaschen sollen es im größten Weinhaus der DDR gewesen sein. Vor der Wende wurden in Ostdeutschland 12 Liter Wein und Sekt, 14 Liter Bier – und jetzt kommt es – 23 Liter hochprozentiger Alkohol pro Kopf verzehrt, doppelt so viel wie in Westdeutschland. Zu Feiern gab es ja immer etwas.

Die Weine kamen aus Ungarn und Rumänien, die bekanntesten waren die Weißweinsorten Grauer Mönch und Blaustengler (Ungarn) oder Muskat Ottonel (Rumänien).

Aber die Weine aus dem Saale-Unstrut Gebiet fand man nicht in den Läden der Handelsorganisation (HO), der Verkauf an Privatleute stand unter Strafe.
Die geringe Rebfläche von 200 Hektar wurde erst nach 1965 etwas erweitert. Diese besonderen Weine konnten nur in Delikat-Läden gekauft werden sowie in Interhotels oder im Intershop, wo mit westdeutscher Währung bezahlt werden musste. Die Winzergenossenschaft e.G. Freyburg wurde 1952 zwangsweise der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) eingegliedert.
Von dieser Winzergenossenschaft wurden dann auch Importtraubenweine in großer Menge hergestellt, wie der Goldberyll. Importtrauben aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn wurden in Zügen mit ungekühlten Tankwagen in oft schon mitgenommenen Zustand angeliefert und verarbeitet.

Aus Freyburg kam auch der Rotkäppchen-Sekt. Freyburg deckte 60 Prozent der ostdeutschen Schaumweinproduktion. Bereits am ersten Januar jeden Jahres wusste der VEB-Kellermeister, wie viele Flaschen bis zum 31. Dezember zu verkaufen waren. 1985 wurde zum ersten Mal das Plansoll nicht erfüllt. Nach 15 Millionen verkauften Flaschen waren diese aus. Es mussten – trotz Devisenmangel – zusätzliche Flaschen importiert werden, um Geburtstage und Hochzeiten nicht zu gefährden. Rotkäppchen-Sekt ist auch 2017 der erfolgreichste, jetzt gesamtdeutsche Sekt und hat die westdeutsche Marke Henkel übernommen.

In Sachsen gab es – zu Zeiten der DDR – noch die Kellerei Schloss Wackerbarth Radebeul und die sächsische Winzergenossenschaft Meißen, in denen ab 1972 ausschließlich Wein gekeltert wurde. Die kleinen Weinbauern durften nicht mehr selbst keltern und brachten ihre Ernten zu diesen beiden Genossenschaften.
Der sächsische Weinbau hatte bis 1750 auf einem 5.000 ha großen Weinanbaugebiet seine Hochzeit, nach der Reblaus-Plage im Jahr 1910 waren es nur noch 150, nach dem zweiten Weltkrieg 60 ha. Heute sind es wieder 450 Hektar, die über 1.600 Sonnenstunden pro Jahr im Elbtal abbekommen, und es soll ja noch wärmer werden.

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1985 – Der Glycol-Weinskandal

1985 wurde bekannt, dass ein Teil der österreichischen Weine mit dem süßen Frostschutzmittel Diethylenglycol vermischt sei. Es führte zu Übelkeit und Schwindel, Nieren-und Leberversagen. Dosisabhängiges Koma und Hirnschäden wurden nicht beschrieben. Durch Verschnitt saurer deutscher Weine mit den süßen österreichischen fand sich auch in vielen deutschen Weinen Glycol; das deutsche Unternehmen Pieroth kam ins Visier der Strafverfolgung.
Millionen Flaschen mussten vom Markt genommen werden. In Deutschland brach eine neue Generation Winzer mit der Aufzuckerung des Weines und ließ die Trauben länger an den Rebstöcken hängen. In Österreich entstand ein neues sehr strenges Weingesetz.



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Die 1985 – Weinskandal, das süße Leben mit Glycol

Überproduktionen führten zum Preisverfall in den 80er Jahren. Zur Weinlagerung wurde der überregionale NÖTIG Genossenschaftskeller mit einer Lagerkapazität von 480.000 Hektolitern geschaffen. Die Preise stiegen wieder an, bis zum österreichischen Weinskandal. Am 9.7.1985 gab das Deutsche Bundesgesundheitsministerium die Warnmeldung heraus, dass ein Teil der österreichischen Weine mit dem süßen Frostschutzmittel Diethylenglycol vermischt sei.

Der gefundene Höchstwert waren 48 g in der Welschriesling Beerenauslese von 1981 aus dem Haus Sautner aus Grols. Anders als Monoethylenglycol, dem Kühlerfrostschutzmittel, ist Diethylenglycol etwas weniger giftig. Es führt zu Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen, dosisabhängig aber auch zu Koma, zu Nieren- und Leberversagen. Bleibende Nierenschäden sind aufgetreten, schwere Gehirnschäden wurden in den Pathologieberichten – anders als beim Monoethylenglycol – nicht beschrieben.

Auch in vielen deutschen Weinen fand sich Diethylenglycol, durch Verschnitt dieser Weine mit belasteten österreichischen Weinen. Insbesondere das deutsche Unternehmen Pieroth, an dem der Berliner Wirtschaftssenator Elmar Pieroth beteiligt war, kam ins Visier der Strafverfolgung. Der Weinexport aus Österreich kam fast vollständig zum Erliegen.

In Deutschland und Österreich führte der Glykolwein-Skandal zu einer Zäsur. Millionen Flaschen Wein mussten vom Markt genommen werden. In Österreich entstand ein neues, sehr strenges Weingesetz. In Deutschland brach eine neue Generation Winzer mit der Aufzuckerung des Weines und ließ die Trauben länger reifen.

Infolge dessen erhielt Österreich ein sehr strenges Weingesetz mit staatlicher Banderole. Eine neue Generation österreichischer Winzer verwarf die Aufzuckerung und ließ die Trauben zur Eigenzuckerproduktion länger reifen, so dass nach der Gärung noch genügend Restzucker zur Verfügung stand. Laut des österreichischen Weingesetzes von 2009 darf ein Prädikatswein Kabinett nicht angereichert sein und diesem auch keine Süßweinreserve zugesetzt werden. Dagegen dürfen die Qualitätsweine, Weine aus einer einzigen Region, und der Tafelwein, genannt Wein, in Österreich angereichert sein.

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1989 – Die deutsche Wiedervereinigung

Politischer und ökonomischer Frust in der DDR führte 1988 zu landesweiten Protestaktionen.
Zu den Montagsdemonstrationen an der Leipziger Nikolaikirche kamen trotz Festnahmen dann mehrere 10.000 Menschen. Sie riefen „WIR SIND DAS Volk“. Am 9. November 1989 gab der Sekretär des Zentralkomitees eine neue Reiseregelung bekannt, bis Mitternacht waren alle Grenzen offen.
Nach der Wende kauften die Winzer der Treuhand die Weinberge ab. Inzwischen haben vier Weingüter die Aufnahme in den prestigereichen Verband VDP erreicht.
Ein viertel Jahrhundert nach der Wende haben sich die Weinvorlieben der Deutschen angeglichen, trocken soll er sein mit etwas Restsüße.


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1989 – Die deutsche Wiedervereinigung


Am 9. November 1989 wurde die Berliner Mauer wieder geöffnet. Formal mussten die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges nur noch in den abschließenden Zwei-plus-Vier-Vertrag einwilligen. Am 20. September 1990 stimmten die Volkskammer der DDR und der Deutsche Bundestag dem Einigungsvertrag zu. Zuvor waren ökonomischer und politischer Frust der DDR-Bevölkerung in eine landesweite Protestaktion geendet, die 1988 mit zunehmender Teilnehmerzahl an den Friedensgebeten in der Leipziger Nikolaikirche begannen. Die erste Montagsdemonstration war am 4. September 1989, um 17.00 Uhr, noch vor der Ladenschlusszeit der Leipziger Innenstadt.
Zu den Montagsdemonstrationen kamen trotz Festnahmen mehrere 10.000 Menschen. Sie riefen „Wir sind das Volk!“. Im Oktober wuchs Zahl der Demonstranten auf über 300.000 Beteiligte. Der Befehl, die Demonstrationen zu unterbinden, wurde nicht umgesetzt, wohl durch die Verweigerung etlicher Unteroffiziere, gegen das eigene Volk vorzugehen.
Egon Krenz löste im Oktober 1989 den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker ab, dessen Vertreter er bisher war, und reiste am 1. November auf Einladung des russischen Präsidenten Michael Gorbatschow nach Moskau. Gorbatschow hatte übrigens mit der Vernichtung von Weinstöcken und Obstbäumen die größte Anti-Alkohol-Kampagne nach seinem Antritt als Generalsekretär der Sowjetunion gestartet. Er hatte den Warschauer Vertragsstaaten eine neue Freiheit ermöglicht und den Kalten Krieg beendet, so dass die Wiedervereinigung starten konnte. Mit seiner Person verbinden sich die Worte Glasnost (demokratisches Prinzip der Meinungsfreiheit) und Perestroika (Umgestaltung/Umbau des gesellschaftlichen Systems).
Am 9. November 1989 gab der Sekretär des Zentralkomitees der SED-Günter Schabowski – eher beiläufig am Ende einer Pressekonferenz – eine neue Reiseregelung bekannt, was offenbar zeitlich nicht so abgestimmt war. Bis Mitternacht waren dann alle Berliner Grenzübergänge offen, die DDR-Bürger wurden in Westberlin begeistert empfangen.
Bereits am 28. November 1989 legte Helmut Kohl ein Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas vor. Im Dezember besuchte er die DDR. Im Januar 1990 erklärte Gorbatschow, dass die Vereinigung Deutschlands von niemanden prinzipiell in Zweifel gezogen werde.
Am 18. Mai 1990 – nach Verhandlungen Helmut Kohls mit den Siegermächten – wurde der Staatsvertrag der beiden deutschen Staaten von Kohl und Lothar de Maizière, dem letzten und einzig demokratisch gewählten Präsidenten der DDR, unterschrieben. Auf Betreiben Kohls kam es bereits am 1. Juli 1990 zu einer schnellen Währungsunion. Die Ost-Mark mit einem reellen Tauschwert von 1:6 wurde je Bürger und altersabhängig bis maximal 6.000 Mark 1:1 in DM getauscht, weitere Beträge dann 1:2.

Im März 1990 wurde die Treuhandgesellschaft zur Verwaltung und Privatisierung der volkseigenen Betriebe der ehemaligen DDR gegründet. Die Währungsunion mit der Umstellung der Löhne auf 1:1 am 1.Juli 1990 machte viele Ostbetriebe über Nacht wettbewerbsunfähig. Der 1. Vorsitzende der Treuhand, der Top-Manager des Dortmunder Stahlkonzerns Hoesch, Rohwedder, wurde von der Terrororganisation RAF im April 1991 ermordet. Seine Nachfolge trat Birgit Breuel von der CDU an. Innerhalb von vier Jahren wurden 3.500 größere Betriebe abgewickelt. Zu einer vollständigen Deindustrialisierung ist es – wie damals befürchtet – aber dann im weiteren Verlauf doch nicht gekommen.
Die Freyburger Sektkellerei Rotkäppchen wurde 1856 von den Gebrüdern Kloß und ihrem Freund Foerster gegründet. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Kellerei von den Sowjets enteignet und 1970 als volkseigener Betrieb dem Getränkekombinat Dessau zugeordnet.
Der Enkel gründete im Westen die Firma Kloss & Foerster in Rüdesheim am Rhein. Nach der Wende privatisierte die Treuhand die Kellerei wieder und man vereinigte beide Rotkäppchen-Betriebe.
Das Weinanbaugebiet Sachsen erlebte nach 1989 eine Renaissance. Inzwischen keltern dort wieder 35 Betriebe und etwa 1.000 Hobbywinzer. Dabei finden sich etwa 60 verschiedene Weinsorten. Eine sächsische Spezialität ist der Goldriesling, eine im 19. Jahrhundert im Elsass aus Riesling und Früher Malingre entwickelte Kreuzung mit dezent würzigem Geschmack, der fast nur noch an der Elbe angebaut wird.
Das weitere östliche Weinbaugebiet, Saale Unstrut – die Toscana des Nordens genannt – hatte während seiner Blütezeit im 16. Jahrhundert bis 10.000 Hektar Anbaufläche. Nach der Wende waren es noch 700 Hektar. Der Ertrag von guten Lagen war zu Zeiten der DDR privat zum Teil als Türöffner genutzt worden oder Sonderbedarfsträgern und Spitzenfunktionären zugekommen. Die Weine waren sogenannte „Bückware“, Ware, die unter dem Tisch verkauft wurde. In der DDR war den privaten Winzern die Weinerzeugung verboten. Die Trauben mussten bei der lokalen Genossenschaft abgegeben werden, die meist nur einen Hauptwein pro Rebsorte kelterte – ohne auf die Lage zu achten. Einige Flaschen davon konnte der Winzer dann zum Vorteilspreis zurückkaufen.
Direkt nach der Wende gab es keine Verwaltung, keine Prüfnummern, keine Weinkartei im Osten. Die Winzer kauften der Treuhand die Weinberge ab.

Nach der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland gibt es mit den fünf neuen Bundesländern Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern 16 Bundesländer in Deutschland und insgesamt ca. 80 Millionen Menschen (17 Millionen mehr als vor der Wende).
Die Verwaltung in den neuen Bundesländern wurde mit Hilfe von mehr als 30.000 westdeutschen Beamten und Verwaltungsangestellten – geregelt über Verwaltungshilfeverträge – umstrukturiert. Diese Menschen lebten dann oft nur unter der Woche in Ostdeutschland. In die andere Richtung pendelten viele Menschen aus dem Osten zu ihren neuen Arbeitsstellen im Westen. Im Bundestag wurde 1991 mit knapper Mehrheit der sogenannte Hauptstadtbeschluss entschieden, der dann mit großer Verzögerung umgesetzt wurde. 1999 erfolgte die Verlegung des Regierungs- und Parlamentssitzes von Bonn nach Berlin. Dabei behielten viele Ministerien zunächst einen Zweitsitz in Bonn. Das Bundesministerium für Verteidigung, das für Gesundheit und einige andere verblieben zunächst sogar in Bonn mit einem Zweitsitz in Berlin.
Etwa drei Millionen Menschen siedelten aus den neuen Bundesländern in die alten. Eine Million – einschließlich der Wiederumkehrer – zogen bis 2016 nach Ostdeutschland. Dort steigt die Arbeitslosigkeit in den ersten 10 Jahren nach der Wiedervereinigung bis über 20 Prozent an, aber auch im Westen sind es 10 Prozent.

Bisher haben vier Weingüter aus Ostdeutschland die Aufnahme in den prestigereichen Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter (VDP) geschafft. Dazu gehört das Weingut Schloss Proschwitz mit 90 Hektar Anbaufläche. Der Inhaber, Georg Prinz zur Lippe, musste das Gut nach der Wende zurückkaufen.
Ein Teil seiner Weine wird exportiert. 25 Jahre nach der Wende haben sich die Weinvorlieben der Deutschen angeglichen: trocken soll er sein oder mit etwas Restsüße; eben, fein und herb bei den Jüngeren unter 30 und den Älteren. Für die 30- bis 65jährigen ist guter Wein meist trocken.

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1990 bis 2000 – Trend zum Rotwein

 
Ab etwa 1990 kam es in Deutschland zu einer Veränderung in der Weinnachfrage. Es wurde nun vermehrt Rotwein nachgefragt, dagegen ging der Weißweinkonsum stark zurück: von 80 Prozent Marktanteil deutscher Weine auf 50 Prozent nach 2000.

Die Winzer reagierten mit einer Reduktion der Anbauflächen für Müller-Thurgau und Silvaner zugunsten der Rotweinanbauflächen besonders in Baden, an der Nahe und auch in Rheinhessen. In Rheinland-Pfalz und Württemberg wird heute sogar mehr Rot- als Weißwein angebaut.

Trotzdem bleibt Deutschland für seine Weißweine weltbekannt. Die Anbaufläche für Riesling beträgt umfasst in Deutschland über 20.000 Hektar. Das entspricht zwei Drittel der Weltanbaufläche für diese Rebe mit den Hauptanbaugebieten Mosel-Saar-Ruwer, in der Pfalz, in Rheinhessen und in Rheinland-Pfalz. Danach folgt die Rebe Müller-Thurgau/Rivaner mit 12.000 Hektar und dann mit etwa 10.000 Hektar Anbaufläche die Grauburgunder-Rebe/Pinot Grigio. Die Weißburgunder-Rebe/Pinot blanc wächst auf etwa 5.000 Hektar und ist zur Zeit damit die weltweit größte Anbaufläche. Chardonnay und Sauvignon Blanc werden auf mit etwas unter 1000 Hektar Anbaufläche ausgewiesen.

In der Schweiz führte der Kanton Wallis 1990 eine Sortierung der Qualitätsweine ein.
In späteren Jahren erließen die einzelnen Schweizer Kantone ihre eigenen Weinbaugesetze, richteten sich aber nach den Rahmenbedingungen der Schweizer Eidgenossenschaft. Diese Rahmenbedingungen entsprechen weitgehend denen der Europäischen Union.

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Robert Parker und der Rotwein nach den 90ern

Der Rotweinkonsum nahm in den 90er Jahren auf über 30 Prozent zu. 1978 gab amerikanische Rechtsanwalt Robert Parker ein unabhängiges Heft „The Wine Advocate“  mit Weinbewertungen nach seinem neuen 100-Punktesystem heraus, das über Abonnenten finanziert wurde.
Der Weinkritiker mit Liebe zum Holzgeschmack erklärte das Jahr 1982 für superb, aus 100 guten Bordeaux wurden mehrere 100. Eine Mitarbeiterin Parkers behauptete, dass Parkers Verkostungen nicht unabhängig, sondern von Großhändlern aus seinem Freundeskreis durchgeführt wurden.
Michel Robert, ein Freund Parkers, wurde zum Flying Winemaker, einem Berater von über 100 Spitzenweingütern weltweit.
Die Kritik an den Vorgängen im Bordeaux zeigt der Film „Die Tricks der Weinmacher – Kulturgut oder Industrieproduktion“.


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Die 90er Jahre – Der Rotweinpapst Robert Parker und die Folgen

In den 80er Jahren gab es Weinernten im Überfluss. Boris Becker und Steffi Graf gewannen Wimbledon und die Deutschen entdeckten mit ihnen den Tennissport. Falco, Nena, Prince, Madonna und Michael Jackson waren musikalisch in. Auf der anderen Seite fanden Demonstrationen gegen
Atomenergie statt, in Tschernobyl explodierte einer der Reaktoren im Kernkraftwerk, die Seuche AIDS trat auf – ohne dass es Medikamente dagegen gab. In Deutschland kamen die privaten Fernsehsender auf. Dallas, Kommissar Schimanski, die Schwarzwaldklinik und Wetten, dass..? wurden gesehen.

1982 war im Bordeaux ein warmer Sommer. Robert Parker – der amerikanische Weinkritiker mit Liebe zum Holzgeschmack – rief den Jahrgang als superbes Jahr aus. Die Preise für einen Bordeaux des besagten Jahrganges lagen infolge dessen weit über den der folgenden Jahre. Andere hatten den Jahrgang als zu säurearm für eine lange Haltbarkeit erklärt. Der Markt entscheidet – bis heute.

Robert Parker – gelernter Rechtsanwalt – brachte seit 1978 ein verbraucherorientiertes, unabhängiges und unscheinbares Heft „The Wine Advocate“ mit Weinbewertungen nach seinem neuen 100-Punkte-System heraus, dass sich über Abonnenten finanzierte. Er machte das Bordeaux weiter bekannt. Aus 100 guten Bordeaux wurden mehrere Hundert. Auch die berühmten Grand Cru setzten zur Vermarktung auf das Punktsystem vom Parker. Michel Robert, ein studierter Önologe aus einer im Pomerol ansässigen Winzerfamilie, war bereits in den 80er Jahren mit Robert Parker befreundet. Er vertrat konzentrierte, tieffarbige Bordeaux aus reifem Lesegut mit eher niedriger Säure, aber deutlichem Holzton und war als Berater von Winzern unterwegs.

Bereits den ersten Weinen wie der Château l’Angélus, Beausejour Becot und Troplong Mondot gelang der Aufstieg in die Spitzenweine von Saint Emilion. Bereits in den Jahren zuvor hatte er mit seiner Frau, einer Önologin, ein Weinanalyselabor betrieben. Später wurde er – parallel zum Erfolg der Parker Bücher – zum Flying Winemaker als Berater von über 100 Spitzenweingütern weltweit. Kritiker halten den starken Preisanstieg des Bordeaux für einen Parker-Effekt, aber der Markt ist groß in den USA und heute ist China dazu gekommen. Das heißt, die Preise steigen wieder weiter. Eine Mitarbeiterin Parkers, die Französin Hanna Agostini, behauptete, dass Parkers Verkostungen nicht von unabhängigen Experten, sondern von Großhändlern aus seinem Freundeskreis durchgeführt wurden. Im Jahr 2003 trennten sie sich, als bekannt wurde, dass Agostini bei Weingütern und Handelshäusern als Beraterin tätig war.
  
Die Kritik an den Vorgängen im Bordeaux um das Jahr 2000 zeigen Filme wie „Die Tricks der Weinmacher – Kulturgut oder Industrieproduktion“ von Thomas Leif oder der 2004 erschienene französische Film von Jonathan Nossiter „Mondovino“, der in über 20 Ländern gezeigt wurde.         
Er zeigt, wie sich der neue Weingeschmack personifiziert hatte aus der Verbindung zwischen Michel Rolland, Robert Parker und der Familie Mondavi aus dem kalifornischem Weinanbaugebiet Nappa Valley. Parker wird in Gesellschaft einer alten Bulldogge gezeigt, die Kamera begibt sich auf Hundeaugenhöhe. Man könnte die Intention des Films so deuten: Die Guten sind die kleinen ehrlichen Winzer, die die regionaltypischen Terroirweine am besten natürlich und in biologischer Herstellung gerade noch gegen die Übernahme durch die international agierenden Weinkapitalisten verteidigen können. Die Schurken: duce- oder faschistenfreundliche Adelsgeschlechter aus der Toscana, ein Frankenstein des Weins in Form eines skrupellosen weißbekittelten Laborwissenschaftlers aus Frankreich, ein bestechlicher amerikanischer Weinkritiker und amerikanische Kapitalisten, die die Weinumschlagsrate
durch schnellere Trinkbarkeit und Homogenisierung des Weltgeschmacks mit seelenlosen Weinprodukten von irgendwo zu erhöhen versuchen.

Damals habe ich den Film im Kino mit Freunden angesehen. Wir glaubten, dass im Rahmen der zunehmenden Globalisierung in einigen Jahren alles so wie im Film käme.
Der Wind hat sich erfreulicherweise gedreht. Nicht nur im Bereich der Bioweine ist in Deutschland eine Kundschaft entstanden, die Kontakte zum eigenen Winzer pflegt und wieder zunehmend regionaltypische Weine konsumiert. Regional ist in. Auch weiterhin holen sich Weinfreunde gern ihren Wein bei ihrem Winzer ab – ein pures Einkaufserlebnis mit Kontakt zum Produzenten und seinen Weinanhängern.

Dieser Vertriebsweg ist nur gering rückläufig. Dagegen nimmt der Vertrieb über das Internet zu, auch alternativ dazu ist der Vertrieb über Versandhändler, über eigene Winzershops oder gemeinsame Internet-Shops von Winzergruppen. So werden im derzeit größten Online-Weinshop Deutschlands, dem Portal WirWinzer, über 11.000 verschiedene Weine angeboten, die direkt vom Winzer bestellt werden können.

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1990 bis 2000 – Wein für die Hälfte, der Euro

Helmut Kohl setzte sich für die Europäische Gemeinschaftswährung ein.
Bereits 1992 werden in Maastricht die Konvergenzkriterien, die beitrittswillige Staaten erfüllen müssen, vertraglich festgehalten. 1999 wird der Euro als Buchgeld und 2002 als Bargeld eingeführt. Helmut Kohl, der über sich selbst sagte, dass er beim Euro wie ein Diktator vorgegangen sei, wurde 1998 abgewählt. Ihm folgte Gerhard Schröder als neuer Bundeskanzler, in der Koalition von SPD und Grüne. Der Grünen-Politiker Joschka Fischer wurde Außenminister und Vizekanzler, Otto Schily, der frühere Strafverteidiger RAF-Häftlinge, Innenminister.
Nachdem die Bundeswehr seit 1990 in UN-Missionen – wie 1993 in Somalia – entsandt wurde, überraschte viele pazifistisch eingestellte Wähler der Grünen der rasche und heftige Bundeswehreinsatz im Kosovo-Krieg, der auch von dieser Partei als eine humanitäre Intervention bezeichnet wurde. 1995 hatte der Bundestag für eine deutsche Beteiligung gestimmt: Die deutsche Luftwaffe wurde erstmals nach dem zweiten Weltkrieg wieder in einen Krieg entsandt, nachdem die Serben die Schutzzone Srebrenica überrannten und eine ethnische Säuberung mit Morden unter der bosnischen Bevölkerung begonnen hatte. Der Bundeswehreinsatz endete 2017.

In den 90er Jahren verpasste Nixdorf, die führende deutsche Firma für Großcomputer, mit der Entscheidung der Firmenleitung gegen die Herstellung von kleinen Computern eine weitere, wahrscheinlich gigantische Expansion. Der PC hielt Einzug in kleine Firmen, in Privathaushalte mit CDs als Speichermedium und schließlich mit der beginnenden Vernetzung: Internet und Mobiltelefon für jedermann. Hip-Hop, Techno mit Technoparaden sind in. Wolfgang Schäuble und Lafontaine überleben Attentate, Prinzessin Diana einen Autounfall nicht.

Die Rotweine der 90er wurden weltweit vermehrt in neuen Barriquefässern ausgebaut – mit einer gewissen Uniformierung durch Überlagerung des Holzeinflusses. Vanille, Nelke, Zimt, Schokolade und Kakao sind die Noten der roten 90er.

In vielen deutschen Weingebieten kam es in diesen Jahren zu einer regionalen Vernetzung durch eine stärkere Koordination der Öffentlichkeitsarbeit. Der Glykolskandal in den 80er Jahren und eindeutig definierte EU-Gesetze führten zur klareren Qualitätseinstufungen und besserem Qualitätsmanagement. Der Weinverbrauch der Deutschen stieg über 25 Liter pro Kopf und Jahr, in Italien und Spanien lag er über 70 Litern, in Österreich bei 35 und in der Schweiz bei 45 Litern. Dabei war Deutschland der größte Weinimporteur in der EU.

Insbesondere der Rotweinkonsum nahm in den 90er Jahren anteilig auf knapp 30 Prozent zu. Rotweine werden vermehrt auch zu hellem Fleisch getrunken. Der Rotweinimport – besonders der aus Frankreich – nimmt zu und rote Weine erzielen höhere Preis als weiße.

Das ideale Geschmacksprofil: kräftig, dunkel und mit intensiver Frucht wie Brombeere und reife Kirsche.

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Die Jahrtausendwende – Europa überlebt die Bankenkrise

Von den Marktforschern wurde um die Jahrtausendwende der zukünftige Rotweinanteil auf über 50 Prozent eingeschätzt und dann mit etwa 45 Prozent 2008 fast erreicht. Seitdem ist der Anteil bis 2013 auf 37 Prozent wieder gefallen und sinkt zur Zeit zugunsten des Weißweines.

Einige Weißwein-Anbaugebiete – wie das Remstal bei Stuttgart – wurden in den 90ern zu Rotweingebieten.
Das erste Jahrzehnt im 21. Jahrhundert war geprägt von einem umfassenden Einzug des Internets und des Mobilfunks in den Alltag fast aller Menschen.

Der Krieg gegen die Taliban in Afghanistan als Antwort auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 auf das World Trade Center und das Pentagon in New York und der darauffolgende Irakkrieg mit dem Sturz Saddam Husseins führten zu großen Spannungen zwischen der muslimischen und der westlichen Welt. 2003 lehnte Gerhard Schröder eine Beteiligung der Deutschen am Irakkrieg ab. Aber der Einsatz in Afghanistan ging weiter, auch 2017 sind noch Deutsche Militärs zur Stabilisierung dort stationiert.

Einen großen Einfluss auf die Weinwelt nimmt der rasante Aufstieg Chinas zur Industrienation, französische und italienische Weine werden zunehmend nach China exportiert. Auch die weltweite Bankenkrise führt – nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Großbank Lehman Brothers – zu keinem Einbruch der steigenden Industrieproduktion und Weinimporte nach China. Über das Internet wurden um 2010 etwa 20 Prozent des chinesischen Weinkonsums geordert, in Europa nur etwa zehn Prozent, in USA waren es unter drei Prozent.

Ab 2007 bahnte sich eine weltweite Wirtschaftskrise an. Die Immobilienpreise in den USA waren
2006 in einer Preisblase auf einem langjährigen Höchststand angekommen.
Viele Objekte waren mit 100 Prozent finanziert, in dem Glauben auf weiteren Wertzuwachs derselben. Die Stagnation der unteren und mittleren Einkommen seit den 90er Jahren veranlasste die Menschen, ihren Lebensstil mit Schulden zu finanzieren, verleitet von der großzügigen Kreditvergabe der Banken – auch an Kunden mit eigentlich sehr schlechter Bonität. Ein Teil dieser Schulden wurde durch Kredite aus dem Ausland finanziert. Die US-amerikanischen Banken transformierten riskante Hypothekenkredite in scheinbar – so auch von amerikanischen Rating-Agenturen eingestufte – erstklassige Wertanlagen und verbreiteten diese weltweit an Banken und deren Kunden.

2005 kam es in den USA zu einer wirtschaftlichen Abschwächung bei einem ansteigenden Leitzins in
2006 – auf 5,25 Prozent. Die Schuldner mit variablen verzinsten Krediten mussten reihenweise verkaufen. Die Immobilienpreise stürzten in die Tiefe, Banken und internationale Investoren hatten jetzt ungesicherte Kreditforderungen. Anleger, wie konservative Investment- und Rentenfonds, aber auch Hedgefonds waren 2007 nicht mehr bereit, Commercial Papers nach ihrer Fälligkeit neu zu erwerben. Kurzfristige Kredite wurden nicht mehr verlängert. Am 9. August 2007 stiegen zwischen den Banken die Zinsen auf die Kredite. Die Interbankkredite, eine Bankenvertrauenskrise begann. Nachdem die staatliche Rettung ausblieb, ging in den USA die Bank Lehman Brothers in Insolvenz. Der Interbankenmarkt kam zum Erliegen.

Weltweit begannen Regierungen ihre Banken zu stabilisieren und Konjunkturprogramme aufzulegen, infolge dessen die Staatsverschuldungen stiegen. In Europa ging die Industrieproduktion zwischen 2008 und 2009 um 20 Prozent zurück. Auch in Deutschland setzte eine kräftige Rezession ein. In den USA und Europa stieg die Arbeitslosenquote auf über neun Prozent.

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2000 bis 2010

Die Weinexporte nach China steigen, über das Internet werden etwa 20 Prozent des chinesischen Weinkonsums geordert, in Europa sind es zehn und in den USA zwei Prozent.
Nach der Lehmann Pleite 2007 und einer geplatzten Immobilienblase in den USA ging die weltweite Industrieproduktion bis zum Jahr 2009 um 20 Prozent zurück.
Die Arbeitslosenquote in Europa und USA stieg auf zehn Prozent.


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2010 bis 2020 – Unser Jahrzehnt

China importierte 2010 vorwiegend französische Rotweine, das waren etwa 15 Prozent des Chinesischen Marktes.
In den letzten Jahren ist China zum größten Exportmarkt für französische Weine geworden, wobei hier auch der größte Anteil von Produktfälschungen auftrat. Eine Folge davon war ein Vertrauensverlust in die französischen Weine, die die eigene chinesische Weinproduktion stärkte.
Nach 2010 ist der Weißwein nicht nur in Europa, sondern auch in China im Trend und sein Marktanteil nimmt zu.

Nach der Jahrtausendwende wurde Wein weiter Hipp und gehörte zum Lifestyle. Elementare Einführungsliteratur, aber auch Marktführer, helfen den Konsumenten zu einer Einordnung des im Rahmen der Globalisierung immer vielfältigeren, internationalen Weinangebotes. Der Tendenz entsprechend
das soziale Leben stärker zu Hause zu pflegen, findet sich – neben einer Flut von Kochbüchern – eine neue Themengattung Essen mit Wein, oft von einem Autorenduo Sommelier und Koch/Köchin herausgebracht.

Die im Internet unübersichtliche Fülle von Weinblogs und Weinportalen machen es dem Weinfreund nicht einfach, sich objektiver zu informieren. So könnte der Mix aus Social Media, Internet und Print zukunftweisend für die Weinautorenschaft sein.

Die Österreichische PR-Agentur Publico hatte nach dem Glycolskandal die Aufgabe, das Image des österreichischen Weins wieder herzustellen. Der Agenturinhaber Wolfgang Rosam und seine Frau
Angelika erwarben 2004 von den Gründern Helmut Rome und Hans Dibold Anteile von Falstaff, um ein schönes Hobby zu haben. Im Jahr 2010 gehörten den beiden Weinliebhabern dann 100 Prozent des Ratgebers und ein wachsendes ergänzendes Hobby: ein Weinkeller mit 5.000 verschiedenen
edlen Positionen, 3.500 davon aus dem Bordeaux.

Falstaff – das derzeit erfolgreichste Weinmagazin im deutschsprachigen Raum – hat einen Redaktionsmix von 50 Prozent Wein, 30 Prozent Gourmet und 20 Prozent Reisestorys.
In Österreich werden im weitesten Leserkreis von Falstaff eine halbe Millionen Leser angegeben. In Deutschland werden zur Zeit über 60.000 Exemplare gedruckt. Da Falstaff – dem Trend entsprechend – auch online ist, schätzt man die Leserschaft auf 300.000 Interessierte.

Vinum, Europas Weinmagazin, erscheint zehn Mal im Jahr und wird seit 1980 in Zürich verlegt. Seit 2009 ist Roland Köhler, ein gestandener Verleger und Weinliebhaber, Eigentümer des Magazins. Die
deutschsprachige Auflage liegt bei über 50.000 Exemplaren, davon werden etwa 35.000 in Deutschland verkauft. Vinum ist die größte europäische Weinzeitschrift mit einer Gesamtauflage von über 90.000 Exemplaren und etwa 300.000 Lesern. Sie wird auch in Französisch und Spanisch herausgegeben. Die Redaktion degustiert, beschreibt und bewertet mit Verkostungsnotizen und Angabe der Bezugsquellen., seit vier Generationen familiengeführt, wird von den Geschwistern Andrea Meininger-Apfel und Christoph Meininger herausgegeben und hat eine Auflage von etwa 35.000 Exemplaren in Deutschland. Meininger ist ein gestandener Fachverlag im Bereich der Wein- und Getränke-Puplikationen mit einer über 100jährigen Tradition. Unter anderem erscheint im Meininger Verlag auch das offizielle Organ des deutschen Weinbauverbandes „Der deutsche Weinbau“.
Meiningers haben mit ihrer Stiftung Mundus Vini GmbH 2001 einen großen Wurf gelandet: Sie haben eine Weinakademie eröffnet, die den jährlich stattfindenden hochrangigen internationalen Weinpreis Award Mundus Vini ausrichtet. Etwa 180 Profis verkosten innerhalb 2 Wochen etwa 6.000 Weine. Bei dem 100-Punkte-Bewertungssystem wird großes Gold ab 95, Gold ab 90 und Silber ab 85 Punkte erreicht. Etwa 40 Prozent der eingereichten Weine werden prämiert, und die Ergebnisse in einem Sonderheft des Meininger Verlags in einer Auflage von über 100.000 in allen Zeitschriften des Verlags und über E-Mails an die Kunden der Preisträger veröffentlicht.

Die 2010er Jahre sind geprägt von einer sich erholenden Weltwirtschaft. Nachdem die Terrororganisation Islamischer Staat 2014 Gebiete in Syrien eroberte und Mitkämpfer weltweit rekrutiert, sind nach etlichen Terroranschlägen in Europa persönliche Ängste jedes Einzelnen entstanden. Ebola ist überwunden, die Aids-Epidemie hat dank verbesserter Therapiemöglichkeiten ihren Schrecken verloren, Atomkraftwerke werden in Deutschland nach der – von einem Tsunami ausgelösten – Reaktorkatastrophe in Fukushima sukzessive abgestellt.

China wächst wirtschaftlich, aber auch im Weinanbau weiter. Es werden neue politische Beziehungen in Asien geknüpft. In der westlichen Welt regt sich dagegen ein Gefühl der Unsicherheit: die Fehlentwicklungen des „Arabischen Frühlings“, die politische Instabilität in Syrien trotz Zurückdrängens des Islamischen Staates.

Ungelöst bleibt das Nebeneinander von Israel und Palästina und das von Nord- und Südkorea. Jugendarbeitslosigkeit, Brexit und Überschuldung sowie das überraschende Aufkeimen nationalistischer Bewegungen helfen, die Europäische Union weiterhin zu destabilisieren. Dazu kommt 2017 noch
ein schwer einschätzbarer amerikanischer Präsident. Dem Gegenüber das immer noch wirtschaftlich wachsende China mit uns zum Teil verschlossenen Zukunftsvisionen.

Der erste in China hergestellte Flugzeugträger ist 2017 ins Wasser gelassen worden. In der Vision einer neuen Seidenstraße oder „One Belt, One Road (OBOR) von Präsident Xi Jinping soll China gigantische Infrastrukturnetze fördern, die zu einer besseren Verkehrsanbindung von Eurasien, Europa und Afrika und dem südasiatischen Raum führen sollen. Manche meinen, dies sei auch eine geopolitische Idee. Oder eine schnellere Zugtrasse für Weinlieferungen.

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Was macht der Wein?




In Deutschland teilte sich der gesamte Weinkonsum im Jahr 2015 anteilige auf 48 Prozent für Rotwein, 42 Prozent für Weißwein und zehn Prozent für Rosé.

Die Bezugswege ändern sich. Wein direkt beim Winzer zu kaufen, ist eher rückläufig und liegt bei 27 Prozent. Dafür kauft man wieder mehr in den klassischen Supermärkten ein. Das macht 17 Prozent aus. Deutsche Weine haben in Deutschland inzwischen einen Marktanteil von etwa 45 Prozent, gefolgt von Weinen aus Italien mit 16 Prozent und aus Frankreich mit 13 Prozent Marktanteil.

Der Weinverbrauch stagnierte in den letzten Jahren, während der Preis stieg. Im Lebensmittelhandel gab der Verbraucher im Jahr 2016 durchschnittlich etwa drei Euro für Wein aus. Kaufte er direkt beim Winzer, waren es etwa 6,50 Euro im Durchschnitt. Die Exportrate deutscher Weine sank 2015 deutlich, unter anderem durch die Wirtschaftssanktionen gegen Russland.
25 Prozent des Exporterlöses wird in USA erzielt, gefolgt von den Niederlanden mit 11 Prozent.

Seit 2010 liegt die Weinanbaufläche in Deutschland unverändert bei etwa 102.000 Hektar. Die Fläche des weltweit größten Weinanbaulandes Spanien ist etwa 11 mal größer, dort sind es 1.101.1000 Hektar, gefolgt China mit 830.000 Hektar im Jahr 2015. Dann erst kommen Frankreich mit 791.000 Hektar, Italien mit 690.000 Hektar und die Türkei mit 497.000 Hektar – noch vor den USA mit 419.000 Hektar.
2015 hatte selbst Griechenland mit 110.000 Hektar mehr Weinanbaufläche als Deutschland. Österreich baute auf einer Anbaufläche von 44.000 Hektar und die Schweiz von 15.000 Hektar ihre Weine an.

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2017 – Der Weintrend

Im Jahr 2017 waren Weißwein und Sekt beliebter. Italien und Frankreich verlieren auf internationaler Ebene leicht ihre Marktanteile.

In Deutschland stagniert der Weinkonsum seit 2014 bei etwa 20 Litern pro Kopf und Jahr, obwohl die Weinbranche mit immer neuen Marketingideen auftritt. So gibt es Weine für Frauen, Fischfreunde und Fleischesser.
In den Supermärkten finden sich zunehmend fertige Mixturen, nach Aperol Spritz und Hugo, auch Mixturen wie Riesling mit Ingwer, Cola mit Wein – auch Bonanza oder Fezzi oder international Calimocho genannt, dann mit Eis serviert. Außer den Klassikern Glühwein und Sangria gibt es Mixgetränke mit Rhabarber, Grapefruit, Limetten und Erdbeeren.

Der Weinmarkt in China hat jedes Jahr über fünf Prozent Zuwachs, bei einem pro Kopfverbrauch von unter zwei Litern pro Jahr. Dabei sind über 80 Prozent der Weine aus eigenem Anbau. Der Import stagnierte nach 2014, auch aufgrund der Antikorruptionskampagne, da viele Weine zuvor falsch deklariert oder überteuert angeboten waren.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind lokale Weine im hochpreisigen Segment im Trend. Unterstützt wird dieser Trend von einer neuen jungen Winzergeneration, die oft in Heilbronn oder Geisenheim studiert hat, und nach Tätigkeit im Ausland ihre Kenntnisse mit Elan in die elterlichen Betriebe bring. Die neuen Winzer verbessern die Keltermethoden und reduzieren den Einsatz von Insektiziden und Pestiziden. Zum Teil stellen sie auch auf die im Trend liegende vollständige biologische Anbauweise um.

In den deutschen Weinbars werden bei Weißwein inzwischen etwa 80 Prozent deutsche Erzeugnisse geordert, davon überwiegend Weiß- und Grauburgunder. Jüngeren Kunden werden dabei neue farbenreiche Etikettendesigns und ausgefallene Namen geboten.

Ein neuer Nischentrend ist Naturwein, also mit traubeneigenen Hefen, ohne Kellerhelfer wie Schwefel hergestellte Weine. Ein Trend, der aus Frankreich mit Vins Naturels über Österreich nun auch Deutschland erreicht hat. In Weinbars – wie dem Berliner Maxim – ist der Trend angekommen. Es ist aber eine sehr kleine Nische. Diese Weine sind oft gar nicht filtriert und somit intensiver in der Farbe, sie sehen eben Gold oder Orange aus. Dabei ergibt sich diese Farbigkeit des Weines nicht aus dessen Reinheit, sondern aus der längeren Maischegärung bei weißen Trauben, die über mehrere Monate überwiegend in Barriquefässern steht. Die Abfüllung erfolgt oft ohne Filtration. Winzer, die mit diesen Methoden arbeiten, tun dies in der Regel biologisch und möglichst steril. Bei Naturweinen wird auf Schönungsmittel und Eiweiß verzichtet. Die Schwefelung ist gering dosiert, etwa unter 20 mg/l, oder es wird vereinzelt sogar vollständig davon abgesehen.

Anders als Biowein ist Naturwein nicht definiert und nicht geschützt. Die Historie von Vin Naturel begann vor 1950 in Frankreich im Beaujolais mit dem Winzer und Chemiker Jules Chauvet. Er stellte Beaujolais-Wein – anders als damals üblich – ohne Schwefeldioxid, Zuchthefen, Dünger, Herbizide und ohne Filtration her, mit dem Ziel, die Bekömmlichkeit zu erhöhen. Die Werbung zur Bekömmlichkeit von Wein ist kürzlich in Deutschland verboten worden. Der Ziehsohn von Chauvet, Emmanuel Houillon, führt die Domaine heute. Der mit Chauvet befreundete Pierre Overnoy stellte in den 80er Jahren ebenfalls Naturwein her. In Frankreich hat dann ein weiterer Vertreter des Naturweins, Nocolas Joly, die Vereinigung „La Renaissance des Appellations“ gegründet, die einen biodynamischen Anbau mit Verzicht auf Reinzuchthefen, Chaptalisation und Sterilfiltration vertritt.
Bekannte Winzer, die zu den besten in ihren Ländern zählen, wie Philipp Wittmann und Hansjörg Rebholz aus Deutschland, sind Mitglied in der Vereinigung.

Die größere Nische ist der zunehmend ökologische Weinanbau.
Die Trendsorte in Deutschland und international gesehen, ist der Sauvignon Blanc mit frischer Charakteristik und grünen Aromen. Die Anbaufläche dafür nimmt in Deutschland zu.
Trendig sind auch Bukett-Weine, wie die Scheurebe, oder Gewürztraminer und Muskateller mit intensiven Aromen.

Der Korken ist besonders bei Sekt und Weißwein out. Lediglich ein Drittel der Weißweinflaschen werden mit Kork verschlossen. Neben Plastikkorken beim Sekt, Glaskorken mit Silikonring beim Weißwein, findet sich zunehmend der Drehverschluss – übrigens auch bei Rotweinen. Der Ersatz ist teilweise billiger, aber besonders Weine mit Kork-Ton – das sind etwa 5 Prozent – werden vermieden. Der Verschluss verändert den Stil des Weines. Bei Weinen mit sogenannten Stelvin-Caps, gasdruckdichten Drehverschlüssen mit eingearbeiteten Zinnfolien, sollten die Tannin-Extraktion und die Schwefelzugabe verringert werden, da kein Sauerstoff in die Flasche eindringt.

Ein weiterer Trend, besonders in den nordischen Ländern und dort bei jungen Leuten beliebt, sind die
„Bag-in-Box“. Diese Kartons fassen üblicherweise drei Liter, und die Weine bleiben auch nach dem Öffnen durch fehlende Luftzufuhr in der sich zusammenziehenden Kunststoffhülle haltbar.

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2018 – Ausblick




Weltweit werden die vier führenden Nationen im Weinbau auch in den nächsten Jahren in der Rangreihenfolge bleiben: Italien, Frankreich und Spanien in etwas fallender Tendenz, gefolgt von USA mit etwas steigender Tendenz. Dann folgen Australien und China mit einer tendenziell steigenden Produktion. Da China aber einen weiter ansteigenden Weinverbrauch verzeichnet, ist bleibt es zunehmend abhängig von Weinimporten.

2016 führten turbulente Wettereinflüsse zu einer weltweit rückläufigen Weinproduktion. Durch zahlreiche Unwetter verringerten sich die Erntemengen in Südamerika und Südafrika.
Auch die schweizerischen, österreichischen und deutschen Winzer sind nach dem schwierigen Jahr 2016 mit Schäden durch Hagel, Spätfröste und hohen Temperaturen im August zukunftsunsicher. Besonders bei den Biowinzern setzten dann noch der Mehltau, Pilzinfektionen und die Kirschessigfliege den Rebpflanzen zu. Insgesamt ist aber die Produktion in Deutschland tendenziell leicht steigend, die größten Anbaugebiete bleiben Rheinhessen gefolgt von der Pfalz und Baden.

Die deutschen Winzer weiten den Anbau von Riesling, Grauburgunder und Weißburgunder weiter aus. Der Trend zum Weißwein hält noch an. Der Riesling rockt. Deutschland ist weltweit das führende Riesling-Anbauland, dementsprechend gehen 40 Prozent in den weiter steigenden Riesling-Export. Es wächst auch die Anhängerschaft für hocharomatische Weine, wie Muskateller mit seinem vollen Bukett, Sauvignon blanc und Gewürztraminer.
Auch die 2016 schon 100 Jahre alt gewordene Scheurebe liegt als weiterer Bukett-Wein im Trend.

Der Megatrend zu Süß hält an. Aber keineswegs im Sinne einer Renaissance der oft manipulierten Nachkriegssupersüßen der 80er Jahre, sondern es sind saubere Weine mit viel Frucht und höherem Restzucker (bis 12 Gramm/l) begehrt – im Sinne von feinherb bei den Weißen mit einem gut ausbalancierten Süße-Säure-Spiel.
Besonders bei den jungen Winzern scheint die Devise „Hauptsache anders“ anzuhalten, wobei extrem Bio ein beachteter, aber kleiner Trend bleibt. Nicht nur Spontanvergärung, sondern auch der unfiltrierte Wein oder Amphorenwein ist beachtet. Mit Amphoren – nach einer antiken kaukasischen/georgischen Methode – experimentieren u. a. die Biowinzer Bernard Ott in Österreich, in Deutschland die bekannten VDP-Bioweingüter Peter Jakob Kühn und Ökonomierat Rebholz. In der Schweiz liegen in der Weinkellerei Albert Mathier & Söhne, im Oberwallis, Amphoren zwischen 400 und 1.400 Litern Fassungsvermögen in der Erde vergraben, damit sie dem Innendruck des Weins standhalten können.

Die sogenannten Naturweine und insbesondere orangefarbene Weine, ob in Amphore, Holzfass oder Stahltank mit traubeneigenen Hefen, unfiltriert und zum Teil ohne Schwefelzugabe vergoren, werden meines Erachtens eine Nische bleiben, allein schon aufgrund ihrer unberechenbaren Geschmacksschwankungen und Instabilität.

Ganz anders werden sich die gut gemachten, die „normalen“ Bioweine – jenseits von Orange Wein – einer weiter zunehmenden Anhängerschaft erfreuen. Dabei findet sich für die zunehmend erhältlichen Bio-Einsteigerweine mit reduziertem Alkoholgehalt, feinherben Ausbau und farbig trendigen Etikettendesign im unteren Preissegment eine junge oft  weibliche Käuferschaft, die Erdbeerlounge. Dort gibt es auch den Trend zu prickelnden Getränken, zu Perl- und Schaumweinen. „PetNats“ – Pétillants Naturels sind Schaumweine mit eigentlich altem Herstellungsverfahren, der Méthode Ancestrale. Es findet – anders als beim Champagner – nur eine Gärung statt. Der noch gärende Most wird mit Restzucker in die Flasche abgefüllt. Nach dem Verschließen – meist mit einem Kronenkorken – entwickelt sich dann die Kohlensäure.

Wie beim Wählerklientel der Grünen bleiben die Käufer bei ihren Winzern. Sie werden Gutverdiener und bleiben Weintrinker, trinken meist trockene und schwere Rotweine, in der Menge auch mehr. Joschka Fischer, Steinewerfer, Ex-Außenminister und Rotweinliebhaber lebte kurze Zeit in der Toscana, bevor er eine denkmalgeschützte Villa im Berliner Nobelvorort Grunewald bezog. Die nicht ganz so extrovertierten Karriereverläufe von anderen Alphatieren enden oft ebenfalls bei schwereren Rotweinen. Da muss es inzwischen nicht immer nur ein Bordeaux sein. Deutschlands Winzer können – nach einer Zeit der Experimente – mit behutsamen Einsatz von Barriques hervorragende Rotweine herstellen, vorwiegend Spätburgunder.

Hat der Biowinzer seine Anhängerschaft, bringt er an diese auch neue pilzresistente Rebsorten – oft in Cuvées – heran.

Das ist Trend: Extrem sorgfältig und sauber gearbeitete Bioweine im Preissegment von über 7 Euro. Dabei finden sich auch pilzresistente Sorten, aber gerne noch als Cuvée. Gern vegan. Die inzwischen erhältlichen veganen Präservative werden ja auch laut Umfrage von fleischkonsumierenden, meist männlichen Kunden gekauft.

Seit 2010 ändern sich die Verbrauchergewohnheiten beim Weineinkauf. Der Einkauf im Supermarkt um die Ecke nimmt leicht zu, der Kauf beim Winzer leicht ab, der Einkauf im Internet ist steigend: Es wird beim Winzer, über Weinportale und über Weinhändler bestellt. Click und Collect ist zunehmend.

Ein weiter Trend ist „lokal“: Weine aus dem eigenen Land und der eigenen Region werden von den Weinfreunden geschätzt und häufiger geordert. Für eine optimale Ökobilanz eigentlich sehr vernünftig, über das Internet und nicht persönlich beim Winzer einzukaufen. Aber dann fehlt der nach wie vor exklusive Erlebniseffekt beim persönlichen Einkauf des Weines, denn einen Face-to-Face-Kontakt im Internet haben die Winzer nämlich noch nicht in Planung.

Trendy sind auch Flaschen ohne Kork. Seit 2000 hat sich die Verwendung des Korkverschlusses halbiert. Nur noch etwa 30 Prozent, der in Deutschland abgefüllten Wein- und Sektflaschen, tragen Kork. Das Plopp-Erlebnis findet sich aber weiterhin bei vielen hochpreisigen Weinen, die es übrigens auch im Biosegment gibt, nicht immer nur als Statussymbol. Weine mit Kunststoffverschluss bauen schweflige Säure schneller ab, doch sie beinhalten teilweise Weichmacher. Auch Glasverschlüsse benötigen einen Dichtring aus Plastik oder Silikon. Schraubverschlüsse/Stelvin-Caps lassen Weine oxidieren. Inzwischen sind sie durch eine in der Dichtung eingearbeitete Zinnfolie gasdruckdicht.

Ist Korkverschluss wieder in? Reduktiv vinifizierte Weine könne ihre entstehenden Gase nicht abgeben, der Verschluss verändert den Weinstil. So gilt der Korkverschluss bei ausgesuchten, meist langlebig angelegten Weinen in der Winzerkollektion als notwendig, modern und vielleicht bald wieder trendy.

Ja, liebe Leserin, lieber Leser,

die Weinherstellung ist in den letzten 100 Jahren hygienischer, raffinierter und differenzierter geworden, dennoch sind Weine erschwinglich geblieben. Auch Weine aus dem biologischen Anbau, denen das mögliche Restgift eines hochpreisigen Bordeaux aus den 80er Jahren fehlt, gibt es inzwischen unter vier Euro. Wer noch zwei Euro drauf legt, findet im Bioweinportal bereits eine Fülle von terroir-typischen Bioweinen.

Wenn Sie über diese Seite Wein bestellen möchten, unterstützen Sie den Winzer vor Ort durch Umgehung von Händlermargen. Mit einer Winzerabgabe von drei Prozent des Bestellwertes helfen Sie, das Bioweinportal weiter auszubauen. Bald können Sie Bordeaux und Riocha hier finden sowie eine große Anzahl bewerteter Weine.

Genießen Sie es!

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