Energiebilanz von Bioweinen
- Ein Gastbeitrag von Dr. Ralf Kusserow -

 

                                                                                                                                                                                                                                                                                       << Weinwissen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eines ist klar, für die Produktion von Wein ist eine erhebliche Menge an Energie nötig. Ob Biowein bei einer Energiebilanz besser abschneidet, wollen wir hier kurz überdenken. Zunächst sollte betrachtet werden, bei welchen Prozessschritten Energie aufgewendet werden muss.

Da wäre neben dem Anbau auch die Verarbeitung im Keller zu nennen. Hinzu kommen Verpackung und nicht zuletzt der Transport.

Laut Sarah Wettstein von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften fallen auf die untersuchten Schweizer Rot- und Weißweine etwa 0,6 bis 1,4 kg CO2-Äquivalente pro Flasche Wein an. Hierbei verschlingt die Flaschenherstellung bereits 0,3 bis 0,5 kg CO2-eq und die Traubenproduktion 0,3 bis 0,5 kg CO2-eq, gefolgt von Transport und Energieverbrauch in der Kellerwirtschaft. Wenn die Flaschen dann selbst vom Konsumenten abgeholt werden, kann sich je nach Transportmittel diese CO2-Potential verdoppeln.

 

Weinbau

Für den Anbau von Wein werden in der konventionellen Landwirtschaft eine ganze Reihe von Pflanzenschutzmitteln eingesetzt. Sie alle sollen der Rebe einen Wachstumsvorteil gegenüber anderen konkurrierenden Pflanzen geben, Pilzbefall eindämmen oder sogar verhindern und Schadinsekten unterdrücken. Alle synthetisch hergestellten Mittel erfordern einen erheblichen Energieaufwand. Die negativen Auswirkungen auf die Bodengesundheit soll erwähnt sein, lässt sich aber schlecht in die Energiebilanz einrechnen. Dieser Energieaufwand fällt bei der Produktion von Biowein erst einmal weg bzw. ist deutlich reduziert. Um aber dem Druck von Pilzbefall (Falscher Mehltau – Peronospora, Echter Mehltau – Oidium, Essigfäule, Botrytis etc.) etwas entgegen zu setzen, werden vor allem pilzresistente Arten angebaut (z.B. die Johanniter-Traube).

Damit verbunden ist jedoch eine teilweise geringe Akzeptanz beim Weinkunden. Viele Kunden bevorzugen imageträchtige, teilweise Jahrhunderte alte Rebsorten gegenüber Neuzüchtungen. Es scheint sehr schwierig Weine ohne traditionellen Namen zu vermarkten. Aus ökologischer und Energieeffizienzsicht ist dieser Zustand sehr unbefriedigend.

Der Transport von Bioziden – während der Entwicklung der Triebe (von Dreiblattstadium bis abgehende Blüte) – fällt zwar weg, dafür werden andere Pflegemaßnahmen notwendig bspw. die mechanische Beikrautbekämpfung. Durch Begrünung und/ oder Mulchen, also das Bedecken des Bodens mit Pflanzenmaterial, kann die Pflanzenernährung und der Wasserhaushalt positiv beeinflusst werden.

Verschiedene Weinbaumaßnahmen wie Extensiv-Erziehung und Ertragsreduzierung sowie die Optimierung des Lesezeitpunktes können den Einsatz von Energie reduzieren. Tierische Schädlinge (Traubenwickler) können u.U. durch ein Habitatmanagement für Nützlinge kontrolliert werden.

- Die geeignete Sortenwahl sowie Handarbeit bei Pflegemaßnahmen und Ernte reduziert den Einsatz an Phytosanitären Mitteln und die Maschinenstunden; Förderung innovativer Produktionstechniken (Verminderung der Bodenbearbeitung, standortgerecht Begrünung), Förderung von Sorten mit hoher natürlicher Krankheitsresistenz… (Daniel Wyss) -

Kellerwirtschaft

Eine Möglichkeit Energie zu sparen besteht in der Minimierung des Einsatzes selbst von naturnahen Hilfsmitteln. Die Trauben werden mit einem geringeren Druck gepresst. Der Most wird nicht gepumpt, sondern nach Möglichkeit mit dem natürlichen Gefälle umgelagert. Gute moderne Flüssigkeitsfilter, kleine Kräne, welche die Tanks heben können und weitere Hilfsmittel, wie intelligente pneumatische Pressen oder temperaturgeregelte Tanksystem, erleichtern dem Biowinzer die Arbeit und lassen den Verzicht auf „chemische“ Hilfsmittel zu.

Ist das Lesegut von hoher Qualität, kann der Biowinzer auf die Zugabe von Schwefelsäure verzichten. Häufig ist der Einsatz von Schwefelsäure bzw. schwefliger Säure aber unumgänglich. So dass hierbei ein Energieaufwand entsteht, der quasi in der Schwefelsäure steckt.

- Verpflichtung zu energiearmen, schonenden technischen Verfahren und Begrenzung der Additive...; Minimierung des Maschineneinsatzes, Aufgabe energieintensiver Kelterungstechniken, Minimierung der Additive, Förderung der Terroir- Eigenschaften, ... (Daniel Wyss) -

Verpackung

Der Energieaufwand bei der Verpackung teilt sich im Wesentlichen auf die Flasche, den Verschluss, das Etikett und den Karton auf.
Außerhalb Deutschlands hat sich vielerorts die BiB – die Bag In Box - etabliert. Sie weist eine bessere Klimabilanz auf als Flaschen und hat darüber hinaus noch weitere Vorteile wie Oxidationsschutz, Bruchfestigkeit, einfacherer Transport und geringeres Verpackungsgewicht. Sie ist insgesamt nachhaltiger.

- Vermeiden überflüssiger Materialien, Verfolgbarkeit der Materialherkunft, Recycling der Kundengebinde durch Rückgabemöglichkeit beim Vertreiber, ... Daniel Wyss -

Transport

Der 34-jährige Alessio Figalli von der ETH Zürich erhielt 2018 die Fields-Medaille, welche als Nobelpreis der Mathematik gilt. Er wurde für seine Beiträge zur Theorie des optimalen Transports ausgezeichnet. Ziel seiner Theorie ist es, den Energieaufwand und damit die Kosten, die durch Transport entstehen, zu minimieren. Hierbei orientiert er sich bei einem Prinzip der Natur, die Oberflächenenergie in Seifenblasen und Kristallen so gering wie möglich zu halten. Wodurch auch ihre schöne geometrische Form entsteht.

Viele Ökoprodukte haben aufgrund weiter Transportwege teilweise schlechte Energiebilanzen. Daher empfiehlt es sich, so regional wie möglich einzukaufen. Desweiteren ist es für die Ökobilanz besser, seltener größere Mengen als häufig kleinere Mengen einzukaufen.

Das Ökoinstitut kommt in einer Studie jedoch zu dem Ergebnis, dass woher das Essen anreist, für das Klima zweitrangig ist. Wichtiger ist, was wir zu uns nehmen. Bio-Lebensmittel produzieren ein Drittel weniger Treibhausgase als konventionell hergestellte. Viele Verbraucher sehen die Transportwege als sehr umweltbelastend an. Wenn Bioprodukte in großen Mengen transportiert werden, ist der Energieaufwand pro Stück (z.B. pro Flasche Wein) sehr viel geringer als der, der bei der Autofahrt zum Einkaufen entsteht. Es ist demnach fast egal, ob der Wein aus Frankreich oder Südafrika kommt, solange ich mit dem Fahrrad zum Einkaufen fahre. Ähnliche Rechenbeispiele ergeben sich wohl auch, wenn der Paketdienst viele Pakete ausfährt gegenüber der Einkaufsfahrt mit dem sprichwörtlichen SUV zum Biomarkt.

- Den Anteil von Bahntransporten und Offen-Importen per Zisternen-Bahnwagen wesentlich erhöhen, ... (Daniel Wyss) -

Quellen/weiterführende Links
http://orgprints.org/21177/
https://www.zhaw.ch/storage/lsfm/institute-zentren/iunr/oekobilanzierung/Wettstein-2016-LCA-wein.pdf
https://www.greenpeace-magazin.de/gehoert-ein-echter-korken-die-weinflasche

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              << zurück